Achimer Kreisblatt am 24.3.2014:

Zaches und die Grenzgänger unterhalten beim Oytener Doppelkonzert Kinder und Erwachsene mit Liedern aus dem Ersten Weltkrieg

„Maikäfer flieg“ erklingt ohne den Staub der 100 Jahre

 

Oyten - Mit einem Doppelkonzert in der Kirche St. Petri zu Oyten ritt die Kulturinitiative „Domino“ mal behutsam, mal schwungvoll die musikalische Retrowelle. Am Nachmittag nahmen „Zaches und die Grenzgänger“ mit dem Programm „Dunkel war´s, der Mond schien helle“ gleichermaßen Kinder und Erwachsene für sich ein. Am Abend erfreuten „Die Grenzgänger“ ein ausschließlich erwachsenes Publikum.

Die Bremer Musiker trugen verschollene Lieder aus der Zeit des ersten Weltkrieges vor und baten friedlich „Maikäfer flieg!“ Das Abendkonzert war besser besucht, das am Nachmittag ganz zu Unrecht mäßig.
Gelangen Zaches und seinen Kollegen doch musikalisch gar nicht kindische Rückgriffe auf eine Zeit, in der Bratäpfel als schönste Weihnachtsgeschenke galten und eigenes Federvieh zwar keinen Reichtum versprach, aber immerhin ein bescheidenes Auskommen. Damals war die Welt nicht besser, aber womöglich konzentrierter.
„Zaches und die Grenzgänger“ hatten die vergessen geglaubten Reime und Melodien vom Staub der Jahrhunderte und Jahrzehnte befreit und präsentierten sie in zeitgemäßer Form. Dem Publikum jedenfalls wurde die Zeit nicht lang.
2014 jährt sich der Beginn des ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Michael Zachcial, Frederic Drobnjak, Felix Kroll und Anette Rettich nahmen als „Grenzgänger“ dieses geschichtliche Datum zum Anlass für ihr insgesamt siebtes Programm. Es speist sich aus Liedern des Deutschen Volksliederarchivs in Freiburg. 50 freiwillige Helfer waren nötig gewesen, um aus 3000 Liedern die wichtigsten herauszufiltern und sie „mit allen musikalischen Wassern der letzten hundert Jahre zu waschen“.
Michael Zachcial und seine Kollegen veränderten Akkorde bei all zu viel klanglichem Heroismus und überraschten mit Titeln, deren Melodien das musikalische Gerüst für spätere Welthits oder deutsche Schlager bildeten.
Während des ersten Weltkrieges wurde im Land der Dichter und Dichter gereimt wie kaum zuvor. Verlage veröffentlichten damals 14 000 Gedichte, die meisten geschrieben von Lehren, Beamten oder Professoren, zumeist mit hurra-patriotischem Verve.
Die Verfasser glaubten, ihre vermeintliche vaterländische Pflicht wenn nicht auf dem Schlachtfeld, so doch mit Lyrik erfüllen zu müssen.
Spöttische oder hasserfüllte Reime gegen die russischen, britischen und französischen Kriegsgegner wurden von Tonsetzern in verstörend schöne Melodien gekleidet. Für die Bevölkerung hingegen gab es die eiskalten Steckrübenwinter, als die Kriegsbegeisterung schon längst dem Elend gewichen war und „Das eigene Brot“ keine Alltäglichkeit mehr.
Denn trotz des Kulturpessimismus, von dem nicht wenige vor Beginn des ersten Weltkrieges glaubten, sich nur mit einem Stahlgewitter befreien zu können, ging es für die meisten Leidtragenden ziemlich schnell nur noch um zweierlei: „Brot und Frieden hätte ich gerne“. · häg